Jeder Anleger, der direkt einzelne Aktien, Fonds oder ETFs kauft, kauft letztendlich Aktienunternehmen und erhofft sich von diesen eine Rendite. Während viel über Mechanismen und Gesetze der Finanzmärkte gesprochen wird, wird selten gefragt, wie Aktienunternehmen eigentlich selbst denken, agieren und handeln.
Letztendlich zählt, ob eine Strategie und eine Geldanlage funktioniert. Aber warum sind überhaupt Unternehmen an der Börse? Warum schütten sie Geld aus? Welche Interessenskonflikte gibt es? Woher kommt die Rendite?
Diesen Fragen widme ich mich in diesem Beitrag. Er liefert dir ein besseres Verständnis für die Börse und die Aktienmärkte. Viel Spaß!
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Private Equity: Unternehmen vs. Aktienunternehmen
Ein neu gegründetes Unternehmen ist streng genommen "Private Equity", also: Privates Eigenkapital. Diese Unternehmen lassen sich nicht einfach kaufen. Es ist die Tankstelle um die Ecke, der mittelständische Handwerksbetrieb oder die Supermarktkette Lidl.
Das sind private Unternehmen.
Wir schauen vor allem auf börsennotierte Unternehmen. Deren Anteile werden als Aktien an der Börse gehandelt. Diese Aktien kann jeder kaufen und durch den Aktienkurs werden die Aktien jederzeit bewertet.
Das sind Aktienunternehmen.
Was sind also die Unterschiede zwischen privaten und börsennotierten Unternehmen?
- Jeder kann sich Anteile an Aktienunternehmen kaufen, bei privaten Unternehmen nur in Ausnahmefällen
- Aktienunternehmen werden stetig bewertet, private Unternehmen nicht
- Aktienunternehmen können Anteile zur Kapitalbeschaffung ausgeben, für private Unternehmen ist es deutlich schwieriger
- Aktienunternehmen müssen deutlich mehr Geschäftszahlen offenlegen
Nehmen wir nun an, dass ein privates Unternehmen an die Börse geht. Wie geschieht das und was sind die konkreten Überlegungen, die das Unternehmen anstellen sollte?
Börsengang (IPO): Warum gehen Unternehmen an die Börse?
Es gibt gute Gründe dafür, ein Unternehmen privat zu halten, aber auch um eine Börsennotierung anzustreben. Es hängt vor allem davon ab, was die Ziele der Eigentümer und des Unternehmens sind.
Vorteile vom Börsengang
Nachteile vom Börsengang
Nun kommt unser Unternehmen zu dem Schluss, dass der Börsengang erfolgen soll. Wie funktioniert das jetzt?
Wie funktioniert der Börsengang? Börsengang einfach erklärt
Ein Unternehmen gehört auch vor dem Börsengang irgendjemandem: Den Gründern, Mitarbeitern oder bestehenden Investoren beispielsweise.
Bei einem Börsengang gibt es ein großes Ziel: Kapital einsammeln. Also Geld, das ins Unternehmen fließt, das zur Expansion und dem weiteren Ausbau des Unternehmens genutzt werden kann.
Wie kommt ein Unternehmen an die Börse?
Bei einem Börsengang, im englischen Initial Public Offering (IPO), verkaufen bestehende Anteilseigner ihre Anteile (komplett oder anteilig). Neue Investoren kaufen diese neuen Aktien nach der Neuemission und Geld fließt ins Unternehmen.
Bei der Zeichnung der neuen Aktien werden vor allem große Banken und institutionelle Investoren ab Bord geholt, um die Aktien direkt zu kaufen. Nach dem Börsengang kann jeder Anleger die Aktien kaufen.
IPO vs. SPAC: Was sind die Unterschiede?
In den letzten Jahren ist ein anderer Weg populär geworden, über den Unternehmen an die Börse gehen: Die Special Purpose Aqcuisition Companies (SPACs).
Es sind Mantelunternehmen, die letztendlich nur ein Haufen Geld sind, das ein Investor eingesammelt hat. Anschließend sucht dieser ein privates Unternehmen, das von dem Geld aufgekauft werden möchte um schnell, mit weniger Kosten und weniger Offenlegungspflichten an die Börse gebracht werden möchte.
Hier gibt's immer wieder Kritik: Falsche Anreize für den initialen Organisator des SPACs, weniger Offenlegungspflichten und eine Schwemme an Börsengängen.
Pflichten und Möglichkeiten von Aktienunternehmen
Nun ist das Unternehmen an der Börse notiert. Was bedeutet es jetzt für das Tagesgeschäft des Unternehmens? Was ändert sich konkret?
- Anreize für das Management: Manager haben oft Anreize, die an den Börsenkurs gekoppelt sind. Kurzfristige Anreize können dabei zu kurzfristigen Entscheidungen führen, was schlechter ist für langfristige Anleger.
- Mitarbeiterbeteiligungen können auch an andere Mitarbeiter vergeben werden, die dadurch mehr Motivation bekommen oder nur dann auch höhere Gehälter beziehen, wenn sich das Unternehmen insgesamt gut entwickelt.
- Bessere Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme und für Akquisitionen: Das Unternehmen kann nun durch die Ausgabe neuer Aktien neues Geld aufnehmen (mehr dazu gleich) oder ein anderes, kleineres Unternehmen kaufen, indem eigene Aktien dafür bezahlt werden.
- Regelmäßiges Veröffentlichen von Quartals- und Jahresergebnissen, die den Anlegern einen Überblick über die Situation des Unternehmens geben. Je nach Region gibt es hier noch im Detail unterschiedliche Normen und Pflichten.
- Abhalten einer Hauptversammlung, auf der einmal jährlich die Geschäftsergebnisse vorgestellt und Aktionäre eingeladen werden, damit diese ihre Fragen loswerden können.
- Ad-hoc Mitteilungen müssen veröffentlicht werden, sobald es Neuigkeiten im Unternehmen gibt, die einen signifikanten Unterschied bedeuten. Dazu gehören Akquisitionen, Gewinnwarnungen, Zielerhöhungen oder bspw. rechtliche Probleme.
Achtung: Interessenskonflikte bei Unternehmen
Wir wissen nun, warum Unternehmen an die Börse gehen, was die Vor- und Nachteile, aber auch die Pflichten und Möglichkeiten sind. Aber gibt es auch Interessenskonflikte?
Bekommt das Unternehmen Geld beim Aktienkauf?
Bei einer Neuemission fließt neues Geld ins Unternehmen, das von den Aktienkäufern kommt.
Sobald ein Unternehmen an der Börse ist, wechselt eine Aktie nur von Ex-Aktionär zu Neu-Aktionär. Das Unternehmen hat damit nichts zu tun. Ein Anleger verkauft die Aktie an einen anderen und bekommt dafür dessen Geld.
Aber hat der Aktienkurs Auswirkungen, der durch hohe Nachfrage nach der Aktie entstehen kann?
Profitiert ein Unternehmen vom eigenen Aktienkurs?
Ein steigender Aktienkurs bedeutet einen steigenden Börsenwert. Das klingt toll für das Unternehmen, tatsächlich freut es aber vor allem die Aktionäre (Shareholder). Nur weil der Kurs steigt, hat das Unternehmen erstmal nicht mehr Geld zur Verfügung und der Börsenwert keine direkte Auswirkung auf das Geschäft.
Indirekte Effekte kann ein gestiegener Aktienkurs aber haben: Je wertvoller die Aktien des Unternehmens, desto...
- ... weniger Aktien muss ein Unternehmen bei der Kapitalerhöhung ausgeben um neues Geld einzusammeln
- ... weniger Aktien muss ein Unternehmen bezahlen, wenn es ein anderes Unternehmen kaufen möchte
- ... besser ist die Außenwirkung des Unternehmens gegenüber Kunden, Lieferanten und Banken
Handelt das Management zu kurzfristig?
Das Management eines Aktienunternehmens ist oftmals durch finanzielle Anreize daran interessiert, den Aktienkurs und den Börsenwert zu steigern. Dabei sind diese finanziellen Anreize nicht eindeutig.
Ein CEO, der sich nur noch zwei Jahre im Unternehmen sieht, wird ungern teure und unbeliebte Projekte anstoßen, die sich erst langfristig auszahlen. Es könnten Investitionen aufgeschoben und die kurzfristige Profitabilität optimiert werden.
Was machen Unternehmen mit dem Gewinn?
Unser Unternehmen hat den Börsengang gemeistert, die ersten Berichte veröffentlicht und sich überlegt, wie die Interessenskonflikte minimiert werden. Nun fällt der erste Jahresgewinn an. Was soll damit passieren?
Die wichtigste Frage bei der Entscheidung über die Gewinnverwendung ist der Kapitalbedarf: Braucht das Unternehmen Geld um zu wachsen? Kann es den Gewinn also rentabel im eigenen Unternehmen investieren? Oder ist das Geld eigentlich überflüssig?
Wenn das Unternehmen das Geld braucht und rentabel einsetzen kann, bspw. für die internationale Expansion, das Entwickeln neuer Produkte oder das Aufkaufen anderer Unternehmen, sollte der Gewinn im Unternehmen bleiben.
Wenn das nicht der Fall ist, es also keine unternehmensinternen rentablen Möglichkeiten gibt, sollte das Geld an Aktionäre zurückgeführt werden, damit diese eigenständig entscheiden können, was sie damit machen.
Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die je nach Situation besser oder schlechter besser geeignet sind.
Dividende vs. Aktienrückkäufe vs. Schuldentilgung
Der bekannteste ist die Gewinnausschüttung per Dividende. Alternativen sind das Zurückkaufen eigener Aktien oder die Tilgung von Schulden. Wann bietet sich welche Variante an?
- Dividendenausschüttung: Der direkteste und häufigste Weg um Geld zurückzuführen ist den Gewinn anteilig an Aktionäre auszuschütten. Unternehmen, die das machen, liegen oft bei 1 - 4% Dividendenrendite, also Dividende im Verhältnis zum Aktienkurs. Hier erfährst du mehr über Dividendenstrategien und was diese wirklich bringen.
- Aktienrückkäufe: Wenn das Unternehmen eigene Aktien zurückkauft, verteilt sich das Unternehmen auf weniger Aktien. Der Aktienkurs steigt, ohne das Anleger diesen Gewinn direkt versteuern müssen wie bei der Dividendenausschüttung. Ein Aktienrückkauf ist dann sinnvoll, wenn die Aktie nach eigener Einschätzung (zu) günstig bewertet ist.
- Schuldentilgung: Das Zurückzahlen von Schulden ist ebenfalls ein indirekter Weg der Kapitalrückzahlung. Ein Unternehmen ist wertvoller, wenn es weniger Schulden hat. Das macht vor allem dann Sinn, wenn die Schuldenlast zu hoch ist oder noch zu teure Kredite bestehen.
Finanzierung: Wie nimmt ein Unternehmen Geld auf?
Vielleicht tritt auch der gegenteilige Fall ein: Es soll kein Gewinn ausgeschüttet werden oder es besteht keiner, gleichzeitig soll neues Kapital aufgenommen werden, um weiter und stärker zu wachsen oder Schulden zurückzahlen zu können.
Wie finanziert sich das Unternehmen nun?
Es gibt zwei Optionen zur Finanzierung: Das Aufnehmen von Krediten oder das Ausgeben von Aktien. Schauen wir uns beide Optionen kurz an.
Variante 1: Kredit aufnehmen oder Anleihen ausgeben
Ein Unternehmen kann einen Kredit bei der Bank aufnehmen und dafür einen Zins zahlen, wie es auch Privatpersonen machen. Eine Alternative ist die Ausgabe einer Anleihe.
Es wird festgelegt, welches Volumen eingesammelt werden soll, wie hoch der Zins für die Anleihenkäufer sein soll und wann die Anleihe komplett zurückgezahlt werden soll. Dann wird eine solche Anleihe emittiert und in der Regel an der Börse wie eine Aktie gehandelt.
Variante 2: Kapitalerhöhung
Eine Kapitalerhöhung beschreibt den Prozess, wie ein börsennotiertes Unternehmen die Anzahl der ausgegebenen Aktien erhöht um damit neues Geld einzusammeln.
Dabei gibt es unterschiedliche Wege der Kapitalerhöhung (bspw. ordentliche, bedingte oder genehmigte Kapitalerhöhung), deren Details ich hier aus Platzgründen ausspare.
Wie funktioniert eine Kapitalerhöhung?
Auf der Hauptversammlung wird diese beschlossen. Junge Aktien, also zusätzliche Aktien, werden herausgegeben. Es können auch Bezugsrechte ausgegeben werden. Diese können bestehende Aktionäre verkaufen oder gegen neue Aktien eintauschen, um ihren bisherigen Anteil am Unternehmen konstant zu halten.
Kredit aufnehmen oder Aktien ausgeben: Was lohnt sich mehr?
Ein Kredit ist im ersten Schritt teurer, da Zinskosten anfallen. Aber: Anleger erwarten auch Rendite. Wenn Anleger eine Rendite von 8% pro Jahr erwarten, sehen sie in der Regel lieber, dass das Unternehmen einen Kredit von 2% Zinsen pro Jahr aufnimmt, statt ihren Anteil verwässern zu lassen.
Je nach Situation bietet sich also eine unterschiedliche Finanzierungsstruktur an. In der Praxis nutzen die meisten Unternehmen beides. Gerade in Zeiten historisch niedriger Zinsen gibt es kaum Unternehmen die auf günstige Kredite verzichten.
Je günstiger die Aktie bewertet ist und je günstiger der Kredit ist, desto eher wird ein Unternehmen einen Kredit aufnehmen oder Anleihen emittieren. Je höher die Aktie bewertet ist und je teurer ein Kredit wäre, desto eher wählt ein Unternehmen eine Kapitalerhöhung.
Woher kommt Rendite von Aktienunternehmen?
Nun haben wir viel darüber gelernt, wie ein Unternehmen selbst denkt und agiert. Wie entsteht aus all dem aber eine Rendite für den Aktionär?
Letztendlich gibt es drei Hauptfaktoren, die auch dafür sorgen, dass Aktienmärkte langfristig zu 99,9% steigen werden:
- Inflation: Die Inflation gibt die durchschnittliche Rate der jährlichen Preissteigerung wieder. Diese liegt langfristig bei 2%. Es steigen also Preise, Löhne und auch Umsätze.
- Kapitalrückfuhr: Du hast die drei Varianten (Dividende, Aktienrückkäufe und Schuldentilgung) kennengelernt, über den Unternehmen Geld zurückführen können. Dadurch entsteht eine Rendite selbst dann, wenn der Aktienkurs sich nur seitwärts entwickelt.
- Wachstum: Täglich gehen Menschen in einem Unternehmen zur Arbeit, die sich Ziele setzen und weiterkommen wollen. Sie streichen Dinge, die nicht funktionieren, verbessern bestehende Produkte und entwickeln neue. Nicht allen wird es gelingen. Im Durchschnitt werden Unternehmen und deren Produkte aber besser. In der Gesamtheit erleben wir dadurch Wirtschaftswachstum, Innovation und Produktivitätswachstum. Dadurch werden Aktienunternehmen langfristig in Summe wertvoller.
So erzielst du Rendite als Aktionär
Es gibt also unterschiedliche Gründe, warum wir von Aktienunternehmen eine positive Rendite erwarten. Im langfristigen Durchschnitt liegt diese bei 7 - 10% pro Jahr.
Natürlich wird aber nicht jedes Aktienunternehmen das erreichen: Einige werden stark überperformen, andere werden scheitern. Im Durchschnitt funktioniert das Investieren in Aktien aber und macht sie zur stärkste aller Anlageklassen.
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