So wählt Warren Buffett Aktien aus: Strategie wissenschaftlich analysiert

von Jannes Lorenzen
Investor, Ökonom und Gründer

6. September 2021

Was sind die konkreten Zutaten für Warren Buffetts Anlageerfolg über nun mehr als 50 Jahre? Im Speziellen: Wie wählt er auch Aktien konkret aus?

Diese Fragen haben sich einige Finanzwissenschaftler gestellt. Sie haben nicht nur die zwei wesentlichen Faktoren herausgearbeitet, die Warren Buffetts Erfolg erklären, sondern auch konkrete Kriterien zur Aktienauswahl.

Sie haben die Strategie außerdem getestet und dabei vielversprechende Erkenntnisse gesammelt. Das Gute: Auch als Privatanleger kannst du davon profitieren.

Wenn du verstehen willst, wie Warren Buffetts Anlageerfolg entstanden ist oder wie gut eine auf Qualität basierende Anlagestrategie funktionieren kann, bist du hier genau richtig

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Warren Buffetts Anlagephilosophie: 3 Grundpfeiler

Bevor wir uns anschauen, wie die Finanzwissenschaftler die Aktienauswahl-Strategie von Warren Buffett sehen, schauen wir kurz auf die Aussagen von Warren Buffett selbst.

Ausführlicher habe ich seine 7 Anlagegrundsätze hier dargelegt. Hier geht es um die, die sich speziell auf das Auswählen von Aktien beziehen.

#1 Der Preis zählt

Um eine Aktie zu kaufen, müssen zwei Dinge stimmen: Die Qualität und die Bewertung.

Eine gute Aktie kann zu teuer bewertet sein (und damit unattraktiv sein) eine mittelmäßige Aktie kann zu günstig bewertet sein (und damit attraktiv sein).

Es geht immer um die Frage: Wie hoch ist die Qualität und was ist der Preis dafür?

Warren Buffett hat das in einem Zitat zusammengefasst:

"Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür!"

Und:

"Investoren, die in einem überhitzten Markt kaufen, müssen sich darüber klar werden, dass es oft eine lange Zeit braucht, bis auch der Wert eines herausragenden Unternehmens den Preis erreicht, den sie dafür bezahlt haben."

#2 Qualität schlägt Bewertung

Warren Buffett war früher ein starker Verfechter des Deep Value Investing Ansatzes, bei dem er vor allem auf die Bewertung geachtet hat. Im Laufe seiner Anlegerlaufbahn, auch getrieben durch seinen Partner Charlie Munger, hat er den Wert von hoher Qualität wichtiger eingeschätzt:

“Es ist bei weitem besser, ein herausragendes Unternehmen zu einem anständigen Preis zu kaufen, als ein anständiges Unternehmen zu einem herausragenden Preis.”

#3 Vermeide den Wahnsinn

Es kommt immer wieder zu Auf und Abs, Bullen- und Bärenmärkten. Auch einige Branchen oder Regionen sind mal stärker in der Gunst der Anleger, mal schwächer.

Warren Buffett springt nicht auf jeden Trend auf und handelt auch gern antizyklisch:

"Betrachte Fluktuationen am Markt als Freund, nicht als Feind. Profitiere vom Börsenwahn statt mit ihm mitzumachen."

Schauen wir uns damit nun an, was die Forscher rausgefunden haben.

Buffetts Alpha: Die zwei Erfolgsfaktoren der Anlagestrategie

In der Studie "Buffett's Alpha" untersuchen Frazzini, Kabiller und Pedersen die Anlagestrategie von Warren Buffett.

Seine Anlagestrategie besticht vor allem durch eine hohe Sharpe-Ratio von 0,76, welche das Verhältnis von Rendite zu Risiko angibt. Je höher, desto besser ist die erzielte Rendite im Verhältnis zum eingegangenen Risiko.

Wenn die Sharpe-Ratio besser ist als bei einem reinen Marktinvestment (bspw. durch ETFs), spricht die Finanzwissenschaft von einem Alpha.

In der Wissenschaft wird versucht Rendite erklärbar zu machen. Faktoren wie Value oder Momentum sind Ergebnisse davon. Sie allein können den Erfolg von Buffett aber nicht erklären.

Die Wissenschaftler haben aber zwei weitere Faktoren identifiziert, die nahezu vollständig das Alpha von Warren Buffett erklären: Betting-Against-Beta und Quality-Minus-Junk.

Was steckt also hinter den beiden Faktoren?

#1 Betting-Against-Beta

Der Beta-Faktor ist ein Maß dafür, wie stark ein Wertpapier mit dem Markt schwankt. Bei 1 entspricht die Schwankung dem Markt, darüber ist sie stärker (und umgekehrt).

Warren Buffett hält sich von stark schwankenden Aktien tendenziell fern und kauft eher Aktien mit weniger Schwankungen, also einem geringen Beta.

A loading on the BAB factor reflects a tendency to buy safe (i.e., low-beta) stocks while shying away from risky (i.e., high-beta) stocks.

#2 Quality-Minus-Junk

Das allein reicht natürlich noch nicht. Es kommt ein weiterer Aspekt dazu: Warren Buffett bevorzugt Aktienunternehmen mit hoher Qualität. Diese wird hier als "Quality-Minus-Junk" Faktor definiert, den wir uns gleich genauer anschauen.

Similarly, a loading on the quality QMJ factor reflects a tendency to buy high quality companies, that is, companies that are profitable, growing, safe and have high payout.

Sonstige Faktoren: Private Investitionen & Hebeleffekt

Oftmals wird Buffetts Erfolg auch dadurch versucht zu erklären, dass er nicht nur in börsennotierte Aktien investiert, sondern auch in private Unternehmen investiert und dort Einfluss ausübt, also auch unternehmerisch tätig ist. Da die Aktieninvestments aber besser performt haben, sehen die Autoren das weniger als Grund.

Decomposing Berkshires’ portfolio into ownership in publicly traded stocks versus wholly-owned private companies, we find that the former performs the best, suggesting that Buffett’s returns are more due to stock selection than to his effect on management.

Darüber hinaus nutzt Warren Buffett aber auch Fremdkapital. Dadurch erhöht er seine eigene Eigenkapitalrendite.

Further, we estimate that Buffett’s leverage is about 1.6-to-1 on average.

"Quality minus Junk": Aktienauswahl wissenschaftlich zerlegt

Spannend ist vor allem der Quality-Minus-Junk (QMJ) Faktor, der in einem weiteren Paper ausführlicher beschrieben und getestet wird.

Es wurden US-Aktien von 1956 bis 2012 und internationale Aktienmärkte von 1986 bis 2012 untersucht.

Darin gibt es weitere spannende Erkenntnisse:

Die 4 Qualitätsfaktoren

Die Autoren nennen vier Faktoren als Qualitätskriterien:

  1. Profitabilität: Wie hoch ist die Ertragskraft und Profitabilität des Unternehmens nach unterschiedlichen Kennzahlen (Gewinn, Bruttogewinn, Cashflows etc.)?
  2. Wachstum: Wie stark wächst das Unternehmen (hier gemessen am 5-Jahres-Wachstum der Profitabilitätskriterien)?
  3. Sicherheit: Wie gering ist das Risiko (hier gemessen an Beta, Volatilität, Bonität und Verschuldungsgrad)?
  4. Payout: Wieviel Geld wird an Aktionäre zurückgezahlt (hier gemessen an Ausschüttungsquote und Aktienverwässerung)? Wichtig: Wie bei der Dividendenstrategie diskutiert, ist Ausschüttung allein kein Qualitätsmerkmal. Bei gleichem Wachstum ist aber ein Unternehmen mit höherer Ausschüttung an die Aktionäre tendenziell teurer zu bewerten.

Je höher die Profitabilität, das Wachstum, die Sicherheit und der Payout, desto höher steigt ein Aktienunternehmen im Qualitätsrating.

Robuste Ergebnisse über 24 Länder

Wie so oft in der Finanzwissenschaft wurde er so getestet, dass in hochqualitative Aktien investiert wird und wenig qualitative Aktien geshortet werden, bei diesen also auf fallende Kurse gesetzt.

Konkret wurden hier die obersten 30% (long) und die untersten 30% (short) genommen.

Daher auch der Name Quality-Minus-Junk: In die Qualität wird investiert, der Müll wird explizit rausgenommen bzw. sogar gegen diesen gewettet. Der QMJ-Faktor konnte über 24 Länder nachgewiesen werden. 

Indeed, a quality-minus-junk (QMJ) factor that goes long high-quality stocks and shorts low-quality stocks earns significant risk-adjusted returns in the U.S. and globally across 24 countries.

Positive Rendite (auch bei Korrekturen)

Die folgende Grafik zeigt, wie konstant die hochqualitative Gruppe an Aktien die Aktien mit niedriger Qualität geschlagen hat. Gerade in Krisenphasen (siehe Dotcomblase 2001 oder Finanzmarktkrise 2008) zeigt die Strategie die Stärke.

Preislogik von Qualität

Aktien mit überdurchschnittlich hoher Qualität sollten teurer bewertet sein. Das sind sie auch, aber nicht deutlich teurer, was ein Grund dafür sein kann, dass hochqualitative Aktienunternehmen hohe risikoadjustierte Renditen liefern.

We define a quality security as one that has characteristics that, all-else-equal, an investor should be willing to pay a higher price for: stocks that are safe, profitable, growing, and well managed. High quality stocks do have higher prices on average, but not by a very large margin. Perhaps because of this puzzlingly modest impact of quality on price, high-quality stocks have high risk-adjusted returns.

Preise für Qualität schwanken

Mal bewertet der Markt Qualität teurer, mal günstiger. Je günstiger hochqualitative Unternehmen im Vergleich zu weniger qualitativen Unternehmen sind, desto höher sind ihre Renditen, die in Zukunft zu erwarten sind. Ein Beispiel ist die Dotcom-Blase, in der Qualitätsaktien im Vergleich zum Markt sehr günstig bewertet waren, da viele wenig qualitative Unternehmen teuer bewertet wurden.

Umgekehrt kann aber auch eine relativ teure Bewertung für Aktien hoher Qualität auf eher niedrige Renditen im Vergleich zum Gesamtmarkt hindeuten.

The price of quality – i.e., how much investors pay extra for higher quality stocks – varies over time, reaching a low during the internet bubble. Further, a low price of quality predicts a high future return of QMJ.

Fazit: Wenig Schwankungen, günstig & hochqualitativ

Der Value-Faktor ist gut belegt: Günstig bewertete Unternehmen neigen statistisch zu einer höheren Rendite. Es ist der Grundbaustein des Value Investings, das Warren Buffett populär gemacht hat. Aber: Seine Anlagestrategie wird zu Unrecht nur darauf reduziert.

Neben einer günstigen Bewertung spielen, wie die Wissenschaftler gezeigt haben, auch Qualität und Sicherheit (im Sinne von geringeren Kursschwankungen) eine Rolle.

We show that Buffett’s performance can be largely explained by exposures to value, low-risk, and quality factors.

Mit diesen drei Faktoren - günstiger Bewertung, hoher Qualität und geringen Schwankungen - kann die Rendite von Warren Buffett über die letzten 40 Jahre gut erklärt werden.

Erinnerst du dich an die Zitate und Grundsätze von Warren Buffett, die ich dir am Anfang gezeigt habe? Auf den Preis achten, Qualität vorzuziehen und Börsenwahnsinn zu vermeiden - genau das finden wir in diesen Studien jetzt in konkreten Faktoren wieder.

Wenn du erfolgreich einzelne Aktien auswählen möchtest, sollte das ein guter Wegweiser sein. Hier siehst du, wie ich diese Kriterien und Faktoren bei Aktienbewertungen anwende.

Über den Autor


Hey, ich bin Jannes. Langfristig denkender Privatanleger, Investor, Ökonom sowie Gründer von Aktienrebell und StrategyInvest. Herzlich Willkommen also zu meiner Rebellion gegen fehlende Finanzbildung, schlechte Anlageentscheidungen und das Spiel der Finanzindustrie.

Jannes Lorenzen

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